9. Michael Haherfellner to Julie Diehl, January 16, 1907 Wien den 16. Jänner 1907 Liebe Juli! deinen mir und meiner Frau so überaus vertvullen lieben Brief, mit der schönen Gratulationskarte und den 5 guten Wünschen zu den Weihnachten und Neuen Jahr mit herzlicher Freude und dank erhalten. Dieser hat sich mit meinen Brief gekreuzt, ich hoffe daß dieser mein Brief in deinen Besitz sich befindet? Aus deiner Schreiben entnehme ich daß du vegen den Leuten viel Kümmer hast die Arbeitsleute dort, 10 scheinen sehr schwer zu bekommen sein und dann so anspruchs- voll dass es fast nicht zu erschwingen ist, es muß schrecklich schwer sein, dort eine Landwirtschule zu führen? daß könnte ich nicht verbrengen. Er ist bei uns hier auch schon ganz anders als früher die Leute sind jetzt auch besser bezahlt 15 als einstens aber noch immer nicht überzahlt. __ zudem steht man auf Niemanden wenn einer nicht bleiben will macht es nichts, man bekommt leicht Ersatz dafür, und venn man die Leute gut hält bleiben sie gerne. Wie groß ist denn dein Besitz nach österreichischen Joch? [Pg. 2] 20 du scheinst dich dort noch immer viel zu plugen daß sollst du nicht mit diese Jahre wie wir sie haben heißt es sich pflegen wir lange nach 5-10 höchstens 15 Jahre, daß wir noch leben dann ist es aus! Meine Bekannten sind alle todt auch meine Freunde, 25 der letzte intime Freund, ein grßer Geschäftsmann. er hat den größten Wein Export nach Amerika gehabt. ist mir vor einigen Jahren gestorben in der Scharten haben wir gar Niemand mehr. der Pfarrer Ringe vehler [entire line indecipherable] 30 gestorben. und jetzt kann man nicht in die Scharten fahren um sichs anzusehen, wie es früher war und wie es jetzt ist.—am besten ist es im Frühjahr wenn die Bäumen blühn da ist es herrlich im ganzer Blumengarten und dieser angenehme Duft, schön, ja viel schöner ist es, als 35 vor 60 Jahren. Wir sind jetzt schon gewohnt in Wien zu leben Wien ist die schönste und gesündeste Stadt der Welt. Du hast Recht aus unseren Heimath geht Niemand nach Amerika und von hier auch Niemand, und wenn schon Mancher hin ist, kommt er gerne wieder zurück. Ich glaube 40 es dir gerne liebe Juli daß in dir manchmal die Sehnsucht erwacht nach dieser schönen Heimath. Du hast ja doch schon mehr Begriff gehabt davon als Ihr ausgewandert seit. [Pg. 3] ob du Wels in deiner Jugend gesehen hast, weiß ich nicht diese Stadt ist gar nicht mehr zu kennen, so schön ist sie ver= 45 baut. Wenn du allein wärst und keine Kinder hättest so würde ich sagen, komme her und bleibe hier, verbringe den Abend deines Lebens hier in deiner alten, schönen gesunden Heimath mit uns. Wir haben am Sylvester Abend auf dein und deiner Kinder “Wohl! ein gutes Glas 50 Wein getrunken und dich sowie deine Familie “hoch Leben” lassen. Wir sprechen fast jeden Tag von dir besonders Abends wenn wir so traulich beim Abendessen beisammen sitzen. Jedes Jahr im Sommer kommen Amerikaner Alte und Junge nach Wien da fahren sie 4 Spännig durch die Stadt 55 auch mit anderen Wägen auf den Bock der Kutscher, velcher schön und luftig blasen thut du heisst es, er! dass sind wieder Amerikaner, haben auf den Wägen, und im Hotel wo sie wohnen ihre Fahne, Flagge ausgesteckt. Es freut mich sehr dass deine Kinder mir gerne schreiben möchten, aber sie können 60 nicht deutsch und ich kann weder englich sprechen noch lesen. du schreibst 3 mal in der Woche kommt die Post! in Wien kommt die Post 5 mal täglich ins Haus. Deine Schrift liebe Juli ist schön noch ganz jugendlich und noch eine Errinnerung an die Scharten wenn ich nicht irre, bist du 65 zu Herrn Trautenberger in die Schule gegangen [Pg. 4] welcher in der Schule meistens den braunen Hund bei sich gehabt hat, kannst dich noch vieleicht daran erinnern? In der Erwartung daß dich mein Schreiben in bester Gesundheit antrifft und du uns mit einen lieben 70 Schreiben wieder recht bald erfreust begrüße ich dich und deiner Kinder recht herzlich ebenso die herzlichsten Grüße an dich und deine Kinder von meiner Frau. dein Cousin Michael Haherfellner 75 abgeschickt den 18. Jänner 1907.